Internationale Tagung “Tolerance at the European frontiers – the dimension of Ukraine”
Bericht
Anfang 2014, in der Endphase des Euromaidan, der großen ukrainischen Bürgerproteste gegen die Nichtunterzeichnung des Abkommens mit der EU durch die ukrainische Regierung, begann die russische Annexion der Krim. Daraus folgte die Destabilisierung des Landes durch einen noch immer andauernden bewaffneten Konflikt in der Ost-Ukraine.
Im Rahmen des vom Auswärtigen Amtes geförderten Projekts „Toleranz an den Grenzen Europas“ fand am 13. und 14. September an der Nationalen Universität der westukrainischen Stadt Uzhgorod nun eine zweite Tagung mit mehr als 60 internationalen Wissenschaftlern, Politikern und Religionsvertretern aus Weißrussland, Russland und der gesamten Ukraine zum Thema Toleranz statt. Die Tagung wurde vorbereitet und durchgeführt in der Zusammenarbeit von Sozialethikern von der Ludwig-Maximilians-Universität und der KSZ sowie von Wissenschaftlern verschiedener Fachdisziplinen der Nationalen Universität Uzhgorod. Ein Bericht über die Auftakttagung in 2018 ist hier zu finden.
Grundlage der diesjährigen Tagung war das im bisherigen Verlauf des Projekts entwickelte Konzept einer proaktiven Toleranz als einem Weg zum Frieden. Es handelt sich dabei um ein Verständnis von Toleranz, das sich nicht allein auf die Duldung anderer Meinungen oder den Kampf für Meinungsfreiheit und Individualität bezieht, sondern, darüber hinausgehend, als eine Haltung der grundsätzlichen Wertschätzung von Pluralität und Vielfalt aufgefasst wird.
Von kultureller, religiöser und konfessioneller Vielfalt ist insbesondere die westukrainische Region Transkarpatien geprägt, in der sich der Tagungsort Uzhgorod befindet. Die Teilnahme von verschiedenen Religionsvertretern sowie Bischöfe und Priester der orthodoxen und griechisch-katholischen Kirche bezeugten das Interesse und die Bereitschaft der Religionen zum Dialog und der Mitarbeit an einem toleranten Miteinander in der Ukraine.
Die Teilnehmer betonten, dass Toleranz gerade nicht als Appeasement-Politik missverstanden werden darf. Aggressiv-intolerantes Verhalten, besonders mit Blick auf den Russland-Ukraine-Konflikt, könne gerade nicht toleriert werden. Proaktive Toleranz könne aber, so die Teilnehmer, ein Schlüssel zur Demokratie in einer so multiethnischen und multireligiösen Gesellschaft wie der ukrainischen sein.
Das gemeinsam in dem Projekt erarbeiteter Konzept der proaktiven Toleranz und seine friedensethische Relevanz wurde von Markus Vogt und Rolf Husmann im Heft Nr. 459 der Reihe „Kirche und Gesellschaft“ entfaltet.
Die von allen Teilnehmern mitgetragene Resolution der Tagung ist in englischer Sprache hier zu finden.